Interview mit Leif Ginap - Betten Struve Lübeck
Seit fast 10 Jahren lenken die beiden Brüder Leif und Ole Ginap die Geschicke des Traditionshauses Betten Struve in Lübeck. Leif Ginap gibt Einblicke in eine Erfolgsgeschichte
Herr Ginap, Sie sind der zweite Geschäftsführer bei Betten Struve in Lübeck. Wie gestaltete sich Ihr beruflicher Weg bis hierher?
Ich habe den klassischen Weg eingeschlagen, also nach meiner Schulausbildung eine Lehre begonnen, und zwar in einem traditionellen Hamburger Bettenhaus. Nach anderthalb Jahren beendete ich diese Lehre erfolgreich, arbeitete jedoch noch ein Dreivierteljahr im Unternehmen weiter. Danach bewarb ich mich bei der Firma Betten Schmitz in Kiel (ein Ableger der Firma Betten Struve), war dort ein Jahr als Filialleiter tätig und kam zu der Erkenntnis, dass der Einzelhandel im Familienunternehmen definitiv für mich ein interessanter Bereich ist, den ich in meinem Leben gehen möchte. Damit war auch klar, dass das Familien-Unternehmen hier eventuell interessant ist. Um hierfür eine sichere Basis zu legen, habe ich ein Studium an der Lehranstalt des Deutschen Textilhandels (LDT) in Nagold aufgenommen und erfolgreich als Textil-Betriebswirt abgeschlossen. Ich bin anschließend nicht direkt hierhergekommen, sondern habe mir meinen großen Wunsch erfüllt und mich in dem Konzern Breuninger in Stuttgart beworben, um einfach einmal kennenzulernen, was es heißt, in einem großen, durchstrukturierten Unternehmen zu arbeiten. Konzerne ticken ja anders. Da ist alles viel mehr in Strukturen gefasst. Das habe ich ca. drei Jahre gemacht, mich dann als Abteilungsleiter ausbilden lassen und dort sehr interessante, viele schöne Erfahrungen gemacht. Ich habe aber auch gemerkt, dass verständlicherweise in einem Haus mit mehreren Tausend Leuten die Strukturen so engmaschig sind, dass man quasi nur ein Rad von vielen ist. Leider leidet dann auch die persönliche Aufmerksamkeit, d.h., man hat seine Aufgabe, die man erfüllen muss, und täglich gilt es, sich in diesem Pool von Rädchen zu behaupten. Immer wieder zu zeigen, wie toll man ist, und immer wieder seinen Vorgesetzten unter die Nase zu reiben, wie erfolgreich man ist. Man wird sehr stark an Zahlen gemessen und die Persönlichkeit fällt auch gern mal hinten runter. So ein Job basiert ganz klar auf dem Zahlenwerk. Es muss ja auch ein gewisser Ertrag entstehen, aber die Menschlichkeit war dort einfach zu weit unter den Tisch gefallen, so dass ich für mich zu der Entscheidung kam, dass irgendetwas passieren müsste. Ich hatte vorher schon meine jetzige Frau kennengelernt und wir haben nach den drei Jahren beschlossen, uns zu verändern. Wir hatten beide den Wunsch, wieder nach Norddeutschland zu kommen. So war es naheliegend, über eine mögliche Tätigkeit in unserem Familienunternehmen nachzudenken.
Und dann war die spannende Frage: Wie könnte das funktionieren? Mein Bruder war bereits hier tätig. Und der Senior hatte immer gesagt, wenn wir das möchten, dürften wir sehr gern in die Firma kommen. Er selbst würde dann aber sofort aussteigen, weil er aus eigener Erfahrung wüsste, dass drei Geschäftsführer für eine Firma in dieser Größenordnung übertrieben wären. Das war für mich ein positives Signal. Die nächste Frage lautete: Komme ich mit meinem Bruder zurecht? Auf privater Ebene hatten wir uns immer sehr gut verstanden. Das hieß aber nicht automatisch, dass wir auch geschäftlich gut zusammenpassen würden, einfach weil man im geschäftlichen Bereich vieles diskutiert, andere Sichtweisen hat und schneller in Konflikte gerät, die sachlich ausdiskutiert werden müssen. Funktioniert das, wenn man sich privat, als Familie so gut kennt? Um das herauszufinden, gab ich mir ein Dreivierteljahr Zeit. In dieser Phase hatte die Firma drei Familienmitglieder. Am Ende des Jahres 2005 habe ich dann definitiv für mich beschlossen: Ja, ich möchte hier arbeiten. Anfang 2006 zog sich der Senior in der Konsequenz zurück.
Stichwort „Arbeitsteilung“ – da haben Sie ja offenbar eine Lösung gefunden.
Ja. Natürlich können wir nicht alles doppelt und dreifach machen. Das wäre Zeitverschwendung. Es gibt eine grobe Einteilung. Zum einen ist es so, dass ich mich mehr um den personellen Part kümmere, der mir sehr wichtig ist - d.h. Verkauf, Personalplanung ein Stück weit und das heikle Thema der Urlaubsregelung. Mein Bruder hingegen ist schon immer ein Zahlenmensch gewesen, daher ist er eher im administrativen Bereich tätig und kümmert sich um die Finanzbuchhaltung oder die Kommunikation mit den Banken. Es gibt aber auch viele Dinge, die wir gemeinsam entscheiden. Beispielsweise werden grundlegende Sortimentsentscheidungen zusammen getroffen. Das heißt, welche Bettsysteme wir aufnehmen, wird nicht allein entschieden, während das Ordnen der Bettwäsche in der Regel ich übernehme bzw. da eigentlich die Kompetenz eher beim Mitarbeiter liegt.
Mitarbeiter auf der einen Seite – Chefetage auf der anderen: Wie stellen Sie sich das ideale Verhältnis vor?
Es muss immer eine Lücke geben, das ist einfach so. Man übernimmt nun einmal eine Führungsaufgabe und Führung heißt auch, einen Weg vorzugeben. Aber die Distanz zwischen Verkaufsebene und Geschäftsführung ist bei uns sehr klein, sprich es gibt eine extrem flache Hierarchie. Mir ist es immer wichtig, dass ich nicht als der große Geschäftsführer angesehen werde. Natürlich entscheide ich, und das mache ich auch wirklich gern. Trotzdem sind wir so klein, dass ich mit meinem Bruder definitiv ein Teil des Teams bin. Wir stehen eher als große Familie da, in der es jemanden gibt, der im Zweifelsfall entscheidet. Das Menschliche ist mir sehr wichtig. In der heutigen Zeit geht es für mich gefühlt immer mehr um Zahlen und Effizienz. Das ist natürlich nicht ganz unwichtig, aber es sollte auch die Person dahinter betrachtet werden.
Hat das Arbeitsklima in Ihren Augen auch eine Wirkung nach außen?
Ganz klar: Ja! Wir haben viele Mitarbeiter, die extrem lange bei uns sind, was immer ein Zeichen dafür ist, dass diese Menschen sich hier wohlfühlen. Und natürlich, wenn ich mich als Mitarbeiter wohlfühle und Spaß an dem Ganzen habe, dann wird das auch nach außen transportiert. Der Kunde merkt das schon. Jeder kennt solche Geschäfte, in denen das Verkaufspersonal eher reserviert, sich vielleicht untereinander auch nicht ganz grün ist. Da fühlt man sich als Kunde automatisch unwohl. Merkt man als Kunde hingegen, dass das Personal sich gut versteht, dass auch mal herzhaft gelacht wird, dann wirkt das eher positiv. Das fördern wir auch. Es muss natürlich alles im Rahmen bleiben, aber insgesamt gibt es in dieser Hinsicht eher eine positive Resonanz.
Kunden, die Ihr Geschäft betreten, sehen vielleicht nur Farben und Muster, z.B. bei der Bettwäsche. Welche Rolle spielt das Fachwissen in der Beratung?
Ich denke, immer noch eine ganz große Rolle. Fachwissen steckt bei uns als Fachgeschäft natürlich schon in der Wurzel. Wir zeichnen uns nun einmal dadurch aus, dass wir vieles bis ins Details erklären können und damit bei den Kunden das nötige Vertrauen gewinnen bzw. auch einen Vertrauensvorschuss haben. Die Kunden wissen ganz genau, dass wir nicht die Günstigsten am Markt sind. Das können und wollen wir auch gar nicht sein. Aber wir möchten die sein, die auf fast jede Frage eine Antwort geben können. Auch wenn der Kunde nicht immer alles im Detail erklärt haben möchte, weiß er diese Kompetenz zu schätzen. In der heutigen Zeit ist es ja extrem verwirrend für die Kunden. Die Vielfalt wird immer größer. Die Geschichten um die Produkte werden immer fantasiereicher, so dass der Kunde sich mehr Sicherheit wünscht und wir in Zukunft immer eine Chance haben werden, uns mit unserem Beratungsangebot zu positionieren. Wir können dem Kunden klarmachen, dass wir als Fachgeschäft immer noch diejenigen sind, die auf dem Markt den Überblick haben und wissen, was für den Kunden gut oder was eher nicht so gut ist.
Gibt es bestimmte Produkte, die Sie im Angebot Ihres Hauses favorisieren?
Ja, es gibt definitiv besonders interessante Sortimente. Bettsysteme finde ich sehr spannend, sprich die Kombinationen aus Unterfederung, Lattenrost und Matratzen, und zwar einfach aus dem Grund, weil dieser Bereich für viele Kunden nicht richtig greifbar ist. Jeder kennt zwar das Thema „Bett“ und hat Verschiedenes, aber wenig Fachliches dazu beizutragen. Faszinierend ist beispielsweise, dass man über kleinste Änderungen in der Materialauswahl extrem facettenreiche Liege-Ergebnisse erzielt und so den Ansprüchen an Liegeeigenschaften von „weich“ über „kuschelig“ bis „stramm“ gerecht werden kann. Spannend ist auch, wie man allein durch die Stoffauswahl das gleiche ergonomische Ergebnis, aber ein anderes haptisches Gefühl hinbekommt.
Auch Naturmaterial ist immer noch ein positives und förderliches Thema. Die Natur ist sozusagen ein extrem guter Ingenieur, wobei die synthetischen Varianten ganz neue Felder eröffnen und Produkte hervorbringen, die auf der Basis von natürlichen Materialien nicht denkbar wären. Beides hat sein Für und Wider.
Zur Firmengeschichte: Welchen Abschnitt aus der über 100-jährigen Firmenhistorie hätten Sie gern miterlebt?
Die spannende Zeit nach den Kriegsjahren. Der Krieg selbst ist keinesfalls spannend, aber die Zeit danach, in der Ware, wie wir sie heute kennen, einfach nicht vorhanden war. Die große Kunst war es damals, irgendwie wieder das Leben zu beginnen. Das Geschäft musste wieder in Fahrt kommen. Es musste Material organisiert werden, und da waren die Wege natürlich fantasiereich. Der ganz große Schlüssel waren dabei die Kontakte, die man in der Stadt hatte. Ich weiß, dass unser Großvater hier im Bettenhandel die Gunst der Stunde genutzt hat und aus Fallschirmen, die es zu Kriegszeiten gab und die aus reiner Seide bestanden, Decken gefertigt hat. So begann er, Stück für Stück sein Geschäft wieder aufzubauen. Das ist ein krasser Gegensatz zu dem, was wir heute erleben - dass wir ein Überangebot haben, dass wir heute quasi in volle Schränke verkaufen. Damals war man froh, wenn man überhaupt Ware hatte, die man verkaufen konnte. Und das zu organisieren, muss mit Sicherheit viele unruhige Nächte gebracht haben. Abenteuerlich, über welche Wege und Kontakte man letztendlich an solche Ware gekommen ist. Das stelle ich mir sehr spannend vor.
Diese Situation heute, das Verkaufen in volle Schränke – spielen da wechselnde Trends eine größere Rolle?
Ja, Trends sind immer ein wichtiges Thema, gerade im Modebereich. Dem unterliegen wir auch ein wenig, zumindest im Bereich der Kindermode oder Bettwäsche. Die Trends beziehen sich dann auf Farben oder Materialien. Auch bei Bettsystemen zeichnen sich Trends ab, aktuell ist das Thema "Boxspringbett" in aller Munde. Es wird viel darüber berichtet. Wir passen uns diesen Strömungen natürlich auch ein wenig an, wenn die Nachfrage da ist.
Letzte Frage: Was macht Sie zufrieden, wenn Sie abends nach Hause gehen?
Sehr wichtig ist für mich, dass das Ganze Spaß macht. Man muss vollen Herzens dabei sein und darf bei dem, was man tut, nicht immer die Arbeit im Vordergrund sehen oder die Zeit. Das ist natürlich nicht immer möglich. Optimal ist eine Kombination aus beidem. Man hilft ja Menschen tatsächlich, gerade in dem Bereich der Bettwaren und Bettsysteme. Da sind wir teilweise wirklich Problemlöser. Wir können die Lebensqualität von vielen Menschen verbessern. Es freut uns dann, wenn wir Anrufe, Besuche oder sogar Präsente bekommen von Kunden, die grundzufrieden sind und sich ganz herzlich bedanken, explizit auch für die Beratung und die Atmosphäre. Man spürt einfach, dass wir mit den Mitarbeitern und Kunden gemeinsam Spaß haben. Und es baut sich eine innere Zufriedenheit auf, wenn jeder seinen Teil beiträgt und der Kunde anschließend seine positiven Erfahrungen weitererzählt.
Ole Ginap, Betten Struve
(Lübeck)
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Tel: 0451 / 79942-14
E-Mail: kontakt@nachtmanufaktur.de
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Seit fast 10 Jahren lenken die beiden Brüder Leif und Ole Ginap die Geschicke des Traditionshauses Betten Struve in Lübeck. Leif Ginap gibt Einblicke in eine Erfolgsgeschichte